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schönes, erfreuliches
und bemerkenswertes


Der meistgelesene Kulturblog der Hauptstadt – mit Kurzkritiken zu Theater, Tanz, Performance, Oper, Kunst, Kino und Literatur: bemerkenswert, sehenswert, hörenswert.

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Kanon

© Dorothea Tuch

»Was ist Ihr Theatermoment?« fragt Sebastian Bark ins Publikum. »Schließen Sie die Augen und besuchen Sie den Augenblick, der Sie bewegt hat.« Nach diesen magischen Momenten suchen sie zwei Stunden lang: She She Pop und Gäste fächern in ihrer neuesten Produktion einen Kanon aus Theatererlebnissen auf, von Jérôme Bel bis Christoph Schlingensief.

Sieben Performerinnen und Performer stecken in Overalls mit lebensgroßen Kunstikonen. Sie »verkörpern« Valie Export, Marina Abramović, Yoko Ono, Joseph Beuys, Yves Klein. Auch das Kostümbild versteht sich als Kanon.

Es geht in »Kanon« aber nicht um die Alternativen zum bildungsbürgerlichen Sprechtheater, vielmehr entwickelt der Abend immer dann seine Kraft, wenn die Spieler teilen, was sie wirklich in Bewegung gebracht hat, wenn sie sich trauen die Berührungspunkte offen zu legen. Dann wird aus dem Zeigen ein Teilen, und im Besten Sinne des Postdramatischen entsteht in diesem Moment eine Gemeinschaft im Theaterraum: aus Akteuren und Publikum im Hier und Jetzt.

Fabelhaft gelingt das Brigitte Cuvelier, die »Mörder Woyzeck« von Johann Kresnik aus dem Jahr 1987 nacherzählt, während die Anderen auf der Bühne versuchen die Szene nachzustellen. Warum dieser Moment für sie lebensverändernd war, lässt sie uns miterleben und mitfühlen.

Eine Hymne an die flüchtige Kunstform des Performativen. The Show Must Go On.

Hebbel am Ufer, Berlin, HAU 2
Sa 23. November 2019 um 21 h
So 24. November 2019 um 21 h
Mo 25. November 2019 um 20 h
Di 26. November 2019 um 20 h
Do 12. März 2020 um 19 h
Fr 13. März 2020 um 19 h
Sa 14. März 2020 um 19 h

Mousonturm, Frankfurt am Main
Do 23. Januar 2020 jeweils 20 h
Fr 24. Januar 2020 jeweils 20 h
Sa 25. Januar 2020 jeweils 20 h

Faust

© Thomas Aurin
Ein Rausch, ein Fest, ein Faust. Faust nach Castorf. Sieben Stunden. Text-Konglomerat aus Goethe, Zola, Fanon, Sartre, Celan. Und schnell und unbegreiflich schnelle wechseln magische Momente mit tiefem schauervollen Verwandlungswust. »Kunst braucht Wahnsinn«, sagst Castorf und bietet alles auf, was er und seine Spieler und Künstler in den letzten 25 Jahre trainiert haben. Martin Wuttkes Faust lässt einen staunen – mit wie viel Selbstverständlichkeit er das alles sein kann: alt, jung, epileptisch, sehnend, fühlend, abgründig. Marc Hosemanns Mephisto, der unruhige Pudel, treibt Faust zum globalen Unternehmertum, Egotrip XXL. Alexander Scheer lässt es krachen als Chris Dercon, als Lord Byron, als Anaxagoras. Dem männlich verdrängenden Prinzip entgegen reitet Valery Tscheplanowa leuchtende Margarete, die ewig Weibliche. Da erscheint, wie das As aus dem Ärmel, Sophie Rois. Als Hexe singt und zaubert sie ganz in ihrem Element. Vom Feinsten. Auch die Bühnenmaschine aus Kamera- und Technikteam liefert Hollywood in Echtzeit. Zur Hölle! L’enfer! Algerienkrieg, Kolonialisierung, Holocaust, Pariser Metro Station Stalingrad. Man versteht nicht alle der uferlosen Assoziationen, Seitenhiebe, Anspielungen, Lachnummern, Durchhänger, Nebenfiguren. So sagt Monsieur Bordenave: »Was bedeutet es? Und wenn es nichts bedeutet, warum ist es dann so lang?« Zustimmendes Raunen im Zuschauerraum. Wer hat gewonnen? Nach sieben Stunden ist das egal. Brillant gespielt, volles Rohr, alles gegeben. Großes Welttheater. Berliner Festspiele Mo 7. Mai 2018 um 18 h Di 8. Mai 2018 um 18 h

Erwin Wurm: Bei Mutti

© Erwin Wurm, VG BILD-KUNST Bonn, 2016
Was ist Humor, fragt sich dieser Tage nicht nur Jan Böhmermann. »Humor ist eine Waffe«, hat Erwin Wurm einmal gesagt. Und er weiß sie kunstvoll zu führen. Die Berlinische Galerie zeigt rund 80 Arbeiten des österreichischen Künstlers: vom »Narrow House« über die »One Minute Sculptures«, Zeichnungen, bis hin zu neuen Skulpturen, die in jüngster Zeit entstanden. Für Erwin Wurm ist Körperlichkeit zentral – die sich zwischen Skulptur, Objekt und Performance bewegt. Sie läd ein, zu interagieren, Spaß zu haben, zu Lachen, obgleich es um große Themen geht, wie Liebe, Alter oder Tod. Mit klugem Humor deckt er Doppelmoral und Lächerlichkeit auf. Und stellt die Welt auf den Kopf : »Von Konfektionsgröße 50 zu 54 in acht Tagen«. Er versteht Zu- und Abnehmen als Bildhauerei. Berlinische Galerie bis 22.08.2016 Mittwoch–Montag 10 –18 h Dienstag geschlossen

Black Mountain College

© Courtesy Western Regional Archives
Das Black Mountain College startete 1933 als interdisziplinäres Experiment und wurde als Bauhaus Nachfolger legendär. Zahlreiche emigrierte Bauhaus Lehrer, wie Anni und Josef Albers, Alexander Xanti Schawinsky und Walter Gropius trugen die Idee des interdisziplinären Arbeitens und Lehrens in North Carolina weiter. Gemeinsam mit den amerikanische Kollegen Richard Buckminster Fuller, John Cage und Merce Cunningham machten sie das Art College zu einem der progressivsten und einflussreichsten Ausbildungsstätten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert. Zum ersten mal in Deutschland gibt es nun eine umfangreiche Ausstellung über das Black Mountain College im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin: mit Bildmaterial, Kunst, Fotos, Studentenprojekten und spannenden Interviews mit Zeitzeugen, die auch online abrufbar sind; wie mit Ati Gropius, Lisa Jalowetz-Aronson oder Pete Jennerjahn, Hamburger Bahnhof, Berlin Di bis So 10–18 h Do bis 20 h noch bis 27.9.2015

Tino Sehgal

© Mathias Völzke
Eine große Werkschau im Martin-Gropius-Bau – und es gibt keine Fotos, kein Plakat, keinen Katalog. Das ist Konzept. Man muss kommen und selbst erfahren, was hier passiert. Es wird gesungen, gesummt, geredet, getanzt, geküsst, das Museum wird zur Bühne, der Betrachter zum Mittäter und was man erlebt, bewegt sich irgendwo zwischen Tanzperformance und Aktionskunst. Präsentiert werden fünf Werke, unter anderem »This Variation« von der Documenta 2012, bei dem die Performer mächtig aufmischen. William Forsythe sagte einmal zu seinem Eleven Tino Seghal, er hätte die Tanzwelt nicht verlassen, er hätte sie erweitert. Das tut Sehgal auch mit seiner walking installation namens »This Progress«, die gerade im Haus der Berliner Festspiele gezeigt wird. Der Rundgang beginnt mit einer Frage, die einem ein Kind stellt: Was ist Fortschritt? Je nachdem was man antwortet, wird dieses Gespräch weitergeführt von Teenagern, Erwachsenen und Senioren. Das machte Sehgal schon im Guggenheim in New York und auf der Agora in Athen. Beides große Kunst und unbedingtes Muss für diesen Kultursommer. Werkschau Martin-Gropius-Bau, Berlin 28.6.bis 8.8.2015 Mi–Mo 10 bis 19 h »This Progress« Foreign Affairs – International Performing Arts Festival Haus der Berliner Festspiele, Berlin 25.6. bis 5.7.2015, jeweils von 17 bis 21 Uhr

Table Top Shakespeare

© Hugo Glendinning
Ein Tisch, ein Schauspieler, ein Drama. Forced Entertainment erzählt alle 36 Dramen von William Shakespeare im Taschenformat. In jeweils 50 Minuten, zu jeder vollen Stunde je eines, täglich vier, neun Tage lang – auf dem Foreign Affairs Festival. Die Figuren von Shakespeares Stücken treten als Pfeffermühle auf, als Bierflasche, Zahnpastatube, Salzstreuer. Ein Schauspieler erzählt uns was bei Macbeth passiert, oder bei der Widerspenstigen Zähmung. Aus der Verdichtung der Dichtung entsteht eine konzentrierte und intime Atmosphäre und man lauscht der Erzähler Stimme als säße man auf Großmutters Schoß beim Märchenhören. Großes Kino. Es gibt noch Karten. Und vor allem gibt es alle Vorstellungen im Live-Stream Berliner Festspiele, Berlin Täglich bis Sa 4.7.2015 18 – 21 h zu jeder vollen Stunde

Courage

»Habt doch endlich einmal die Courage, euch den Eindrücken hinzugeben, euch ergötzen zu lassen, euch rühren zu lassen, euch erheben zu lassen, ja euch belehren und entflammen zu lassen.« Johann Wolfgang von Goethe

Bowie verlängert

© David Bergé
»I don't know where I'm going from here, but I promise it won't be boring,« sagte Bowie mal. Die Retrospektive ist alles andere als »boring« und ist nun verlängert (bei dem Run hätte man gehofft, länger als zwei Wochen). Die Ausstellung läd den Besucher ein in David Bowies Welt zu tauchen – mit allen Sinnen erlebt man ihn als Stilikone, musikalischen Wegbereiter und Avantgarde-Bühnenkünstler und kann erforschen, welche Ereignisse ihn beeinflusst haben und wie er wiederum auf Film, Theater Design und Musik wirkte. Sein britischer Humor leuchtet immer wieder auf, wie in seinen provokanten trans-gender Surfs. Als Erweiterung zur Schau aus dem Victoria and Albert Museum gibt es eine Abteilung »Bowie in Berlin«, mit Gemälden, Bildern und der Musik, die von 1976 bis 1978 entstanden. Als Ausstellungsvorbereitung gibt es hier eine Stunde Musik, die Bowie in Berlin komponiert und aufgenommen hat. Seiner Musik wollte Bowie eine zusätzliche Dimension geben. Das ist ihm fraglos gelungen. Und den Ausstellungsmachern, diese einzufangen. Täglich von 10:00 – 20:00 h Martin-Gropius-Bau, Berlin Bis 24. August 2014

Groninger Museum, Groningen Noch bis 13. März 2016

Out of Schlingensief

© Tanja Nedwig
Christoph Schlingensief war alles andere als museal. Viel eher wild, dringend, authentisch. Was für die meisten wie eine Grenzauslotung zwischen Filmemachen, Theater- und Opernregie, Aktionskunst, Malerei und Musik wirkte – für ihn war es vor allem Sichtbarmachung. Eine umfassende Schlingensief Werkschau ist zu sehen in den KW Institute for Contemporary Art Berlin. Bevor die Ausstellung im März in New York im PS1 gezeigt wird, gibt es jetzt verlängerte Öffnungszeiten, täglich bis 21 h. In Berlin nur noch bis Sonntag 19.1.2014. Samstag um 20 h gibt es zusätzlich eine spannende Auktion zu Gunsten des Operndorfes.

15 Jahre Berlin in Bildern

© Ralf Schmerberg, Coming Home 2009»Der Tod nimmt sich einen Tag nach dem anderen«, nennt Ralf Schmerberg seine Ausstellung der letzten 15 Jahre Berlin. Auf mehreren Stockwerken reihen sich Kunstwerke, Filme und Fotografien neben Dokumentationen seiner vielfältigen Projekte. Im Projektraum der Mindpirates bis 16. Dezember 2012, jeweils Dienstag bis Samstag 17–24 h

Gert & Uwe Tobias

© Gert & Uwe Tobias, GUT/Z 1917/00ohne Titel / untitled 2012Die Dresdner Paraphrasen sind jetzt in Berlin zu sehen vom 4. Oktober bis 10. November bei CFA am Kupfergraben. Eine Führung durch die Ausstellung mit dem Kurator Dr. Michael Hering gibt es jeden Samstag von 12 bis 13 Uhr. Anmeldung unter: gallery@cfa-berlin.de

Arbus Bonus-Tag

Die erste große Retrospektive von Diane Arbus im Martin-Gropius-Bau in Berlin gibt es jetzt auch noch am Montag 24. September zu sehen. Die Porträts von Paaren, Kindern, Jahrmarktartisten, Nudisten, Mittelklassefamilien, Transvestiten, Eiferern, Exzentrikern und Prominenten bleiben einen Tag länger, als auf dem Plakat angekündigt. Wer es also bis jetzt nicht geschafft haben sollte, bekommt eine letzte Chance (zum letzten Mal geöffnet von 10 bis 19 h).

Berliner Licht

In Edward B. Gordons Bildern ist immer das Licht angeknipst. Selbst in seinen Nachtbildern. Ob Mädchen oder Müllmann, die Figuren schwingen alle in einer ausgesuchten Berlin-Lässigkeit. Gerade die kleinformatigen Tagesbilder tragen die Stimmung des durch die Straßen schlendernden Malers in sich. Der Flaneur Edward B. Gordon versteht sich als Maler – nicht als Künstler. Und das erstaunlichste an diesem Buch ist die Unverwüstlichkeit der Bilder: Sie halten der Reproduktion stand, der Verkleinerung und Beschneidung und man bekommt beim Blättern das Gefühl als stände man leibhaftig in der Galerie vor den Originalen. Der kompakte Band ist gerade bei Kein & Aber erschienen.

4.09.2012

Urban Intervention

Luzinterruptus ist eine anonyme Künstlergruppe, die Interventionen in öffentlichen Räumen umsetzt. Sie benutzen Licht als Rohmaterial und die Dunkelheit als Leinwand und gründete sich in Madrid Ende 2008.

Vier Jahre Später

Sieben Kunstfreunde © Edward B. GordonEdward B. Gordon ist gerade überall: von der taz bis zum Spielzeitheft des Deutschen Theaters Berlin, vom Zeit Magazin bis zum Wagenbach Verlag. Sein Stil ist ein kraftvolles Schöpfen aus dem Moment: und er lässt einen als Betrachter gleichzeitig in der Schwebe, als würde das Malen des Bildes genau diesen Moment lang dauern. In Berlin gibt es seine Bilder live und in Farbe in der Galerie Liebkranz. Noch zu sehen bis Samstag 23. Juni 2012 LIEBKRANZ Galerie Auguststraße 62 10117 Berlin Mitte Montag 12–16 Uhr Di–Fr 12–19 Uhr Samstag 12–18 Uhr und nach Vereinbarung

Ai Weiwei: Never Sorry

Der Film zeigt auf beeindruckende Weise, wie der chinesiche Künstler Ai Weiwei mit Hartnäckigkeit, Mut und Einfallsreichtum Menschenrechtsverletzungen öffentlich macht. Ab 14. Juni in führenden Programmkinos Berlin München

Richter in Paris

Gerhard Richter Panorama vom 6. Juni bis 24. September im Centre Pompidou Paris. Nach London und Berlin wohl die schönste Hängung der Ausstellung. Gerhard Richter war zu Tränen gerührt, berichten Augenzeugen.

Die letzten Tage Richter

Gerhard Richter Bis Sonntag gibt es noch Gelegenheit das wunderbare Panorama in Berlin zu sehen. Geöffnet von 9 bis 22 h. Ab Juni dann in Paris.

10.05.2012

Illegal exhibitions in Hamburg

»PARASITES« präsentiert drei Mal im Jahr subversive Ausstellungsprojekte mit internationalen Künstlern in Hamburg. Der Fokus liegt dabei auf jungen, radikalen, provozierenden und politischen Positionen. Die Ausstellungen finden an immer neuen Orten im Hamburger Innen- und Außenraum statt – ohne Genehmigung.
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